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Vorwort | ||||||||||||||||||||
Die Dorfgemeinde Niederuster | ||||||||||||||||||||
Die Dorfkapelle St. Blasius | ||||||||||||||||||||
- St. Blasius | ||||||||||||||||||||
- Die ’Kilchen Sant Blëßi zuo Nideruster’ | ||||||||||||||||||||
- Der Name der Kapelle | ||||||||||||||||||||
- Das Jahrzeitbuch von Uster | ||||||||||||||||||||
- Die andern Kapellen | ||||||||||||||||||||
- Standort der ehemaligen Kapelle St. Bläsi in Niederuster | ||||||||||||||||||||
- Die Urkunde von 1506 | ||||||||||||||||||||
- Jahresrechnung 1663 des Kapellenguts St. Bläsi | ||||||||||||||||||||
- Glocke und Uhr | ||||||||||||||||||||
- Kapellengutsrechnung von 1622 | ||||||||||||||||||||
- Kapellengutsrechnung von 1626 | ||||||||||||||||||||
Das Ende der Kapelle | ||||||||||||||||||||
- Dorfbrände im 19. Jahrhundert | ||||||||||||||||||||
- Zum Dorfbrand von Niederuster (6. April 1847) | ||||||||||||||||||||
Schlussbemerkung | ||||||||||||||||||||
Impressum | ||||||||||||||||||||
Vorwort |
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von Dr. phil. Pietro Maggi, Stadtarchivar Uster | ||||||||||||||||||||
Das vorliegende 21. Neujahrsblatt zum zwanzigjährigen Jubiläum der Turicum-Gesellschaft Niederuster erscheint in besonderem Format. Es ist der einstigen Dorfkapelle St. Blasius im Niederustermer Unterdorf gewidmet. Obwohl die Kapelle während fast fünfhundert Jahren inmitten der Dorfgemeinschaft stand, weiss heute fast niemand mehr von deren Existenz; nicht einmal der genaue Standort war bis jetzt bekannt. Umso verdienstvoller ist die Arbeit von Peter Surbeck, der alle verfügbaren Quellen erforscht hat. Seinen fundierten Recherchen und seiner nie erlahmenden Energie verdanken wir, dass zum Beispiel die Standortfrage jetzt gelöst ist. Peter Surbeck hat damit einen wertvollen Beitrag nicht nur für die Geschichte Niederusters, sondern auch für diejenige Usters geleistet. |
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
Die Dorfgemeinde Niederuster | ||||||||||||||||||||
![]() Niederuster war bis zur Industrialisierung, die hier um 1817 (Spinnerei Frei, später SMM) einsetzte, ein kleines Bauerndorf. Es bestand aus zwei Teilen: dem Oberdorf, das sich seit dem 14. Jahrhundert um die Mühle gebildet hatte, und dem Unterdorf, das sich als Strassendorf entlang der Strasse nach Greifensee erstreckte. Beide Dorfteile begleitet der Aabach, der hier im 18. Jahrhundert noch ’Leugellenbach’ hiess (’Läugeli’, Laube, siehe Neujahrsblatt 19, 2009, Seite 4). Vier dieser ’Silberfischchen’ haben sich auch im Netz des Wappens von Niederuster verfangen [1] Im Unterdorf befand sich auch die Dorfkapelle, die dem Heiligen Blasius geweiht war und dem ’Untern Dorf’ gehörte. Sie ist vor 1418 gebaut worden und fiel im Jahr 1847 einem Dorfbrand zum Opfer. Als Standort der Kapelle wurde immer die Stelle hinter der ehemaligen Wirtschaft zur Traube angenommen. So gibt auch Arnold Nüscheler den Ort mit ’mitten im Dorf am Aabach’ an. Aus der Lokalisierung der anlässlich des Dorfbrandes vom 6. April 1847 abgebrannten Gebäude ergibt sich ebenfalls eine Bestätigung dieser Stelle. Der bei den Nachforschungen aufgefundene Plan von 1816 beweist diese Annahme. Der über vierhundertjährigen Geschichte der Dorfkapelle St. Bläsi, wie der Titularheilige auf Zürichdeutsch heisst, ist diese kleine Schrift gewidmet. Das Neujahrsblatt 2011 der Turicumgesellschaft Niederuster ist ein besonderer Beitrag zur Geschichte von Niederuster und der Stadt Uster und erscheint deshalb in spezieller Aufmachung
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Das Dorf Niederuster auf der sogenannten ’Topographischen Aufnahme des Kantons Zürich’ (Blatt XIIa, Uster, 1847-1850). Im Jahr 1847 ereignete sich der Dorfbrand im Unterdorf, dem die Kapelle St. Blasius zum Opfer fiel. Die Aufnahme scheint den Zwischenstand nach dem Brand wiederzugeben. Das ’Chilewäägli’ ist hier noch nicht eingezeichnet. Deutlich ist noch das Oberdorf um die Mühle und das Unterdorf längs der Seestrasse zu erkennen. Bei der vom Aabach senkrecht abgehenden (blauen) Linie handelt es sich nicht um einen Weg, sondern um einen Wassergraben zur Bewässerung der südwestlich der Seestrasse liegenden Wiesen (Breite). Beim unmittelbar darauf folgenden Gebäude rechts der Seestrasse dürfte es sich noch um die Kapelle handeln [2] |
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
Die Dorfkapelle St. Blasius | ||||||||||||||||||||
![]() Der dem Aabach folgende Weg vom alten Schulhaus Niederuster über die Sonnenbergstrasse bis zur Seestrasse im Unterdorf von Niederuster trägt von alters her den Namen ’Chilewäägli’. Diese Bezeichnung deutet nicht etwa auf den Kirchweg der Niederustermer nach Kirchuster oder gar auf den südamerikanischen Staat hin ... Der Name leitet sich vielmehr von der Dorfkapelle St. Blasius ab, die vor 1418 erbaut wurde und am 6. April 1847 dem Dorfbrand zum Opfer fiel. |
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Verlauf des ’Chilewäägli’ |
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Es zweigt beim Jugendstilbrunnen im Oberdorf gegenüber dem alten Schulhaus von der Seestrasse ab, folgt dem Aabach, überquert die Sonnenbergstrasse und mündet im Unterdorf zwischen dem alten Transformatorenturm und der ehemaligen Wirtschaft zur Traube wieder in die Seestrasse. Gelber Punkt: Standort der ehemaligen Kapelle St. Blasius. |
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
St. Blasius (zd. [4] Bläsi, frz. Blaise, it. Biagio) | ||||||||||||||||||||
St. Blasius gehört schon im 9. Jahrhundert zu den 14 Nothelfern. [5] .Diese sollen der Legende nach vor ihrem Tod um die Gnade der Fürbitte gebeten und dabei die Verheissung erhalten haben, bei Anrufung hilfreich vermitteln zu dürfen. Blasius wirkte als Bischof von Sebaste im antiken Kleinasien (heute Türkei). Um das Jahr 283 erlitt er in der Christenverfolgung des Diokletian den Märtyrertod. In der Kunst wird er als Bischof mit Stab und mit eisernem Hechelkamm (Marter-Werkzeug) und gekreuzter Kerze (Christussymbol) dargestellt. Er wird gegen Halsleiden angerufen, da er einem jungen Mann, der an einer Fischgräte zu ersticken drohte, das Leben rettete [6] Tagesheiliger: 3. Februar (Blasiussegen als Brauch in der katholischen Kirche [7]). St. Blasius wird auch als Helfer gegen die Pest angerufen; er ist ebenfalls Beschützer des Viehs und Patron zahlreicher Handwerksberufe. Gerade seine Funktion als Helfer gegen die Pest könnte ein Hinweis auf die Zeit des Baues der Dorfkapelle Niederuster in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts sein: Die grosse europäische Pandemie von 1347 bis 1353, der sogenannte Schwarze Tod, forderte 25 Millionen Todesopfer – einen Drittel der damaligen europäischen Bevölkerung. |
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St. Blasius als
Bischof in der Nothelferkapelle von Silenen. Sein Attribut
(Erkennungszeichen) ist hier die Kerze. In der Kartusche über
seinem Haupt steht: |
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
Die ’Kilchen Sant Blëßi zuo Nideruster’ | ||||||||||||||||||||
Leider gibt es keine Darstellung dieser Kapelle [8] .Man muss sie sich aber als mittelalterliche Kleinkirche vorstellen, wie sie heute noch in Rikon/Effretikon (St. Stephan, erste Erwähnung 1363) oder in Breite bei Nürensdorf (St. Oswald, 1370) bestehen. Die genauesten Angaben über die Kapelle finden sich bei Nüscheler: ’Niederuster. St. Blasius. Die Einweihung der Kapelle (Kirchweih), welche am 11. April 1418 hundert Tage Ablass (Recht auf Ablassvergabe) erhielt, wurde stets am nächsten Sonntag nach dem Feste der h. Felix und Regula (11. September) begangen (...). Die Kapelle, welche mitten im Dorf am Aabach stand und ein hölzernes Türmchen mit einem im Jahr 1663 gegossenen Glöcklein hatte, ging bei einer Feuersbrunst am 6. April 1847 zu Grunde’. |
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Der Name der Kapelle | ||||||||||||||||||||
Die Kapelle erscheint im Jahrzeitbuch von Uster unter folgenden Bezeichnungen: (Capellam) in Nider ustra in honore sancti Blasii fundatam (gebaut zu Ehren des Heiligen Blasius) [9]. |
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Weitere Erwähnungen: Kappel zu nider uster (26. Januar), Cappell Sant bläsi zuo nid’uster [10] (10. August), Cappel zu sant Bläsy (9. September),Cappelle sancti blasij (11. September), Kappel sant blasi ze nid’uster (27. September). Im Kapellengut [11] : Kilchen Sant Blëßi. |
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Das Jahrzeitbuch ist ein kalendarisches
Verzeichnis der Jahrzeiten, das heisst der alljährlichen
liturgischen Feiern an der Kirche Uster zum Gedächtnis
bestimmter Personen. Ein solcher Kalendereintrag nennt
vielfach auch den Jahrzeitstifter und die Stiftungsauflagen.
Das Ustermer Jahrzeitbuch entstand zwischen 1469/70 und dem
27. Juli 1473. |
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11. September (römische Datierung). (Tag der) Märtyrer Prothus und Jacinctus, Felix und Regula [13] | ||||||||||||||||||||
Nota quod dedicatio cappelle sancti Blasii
semper est celebranda proxima dominica post festum Die Kirchweih (dedicatio) der Kapelle St. Blasius soll immer am nächsten Sonntag nach dem Fest der Heiligen Felix und Regula mit einem Ablass (indulgentie) gefeiert werden. Ablass: Durch den Besuch der Kapelle an
diesem Tag erhielt man einen Ablass, also einen gewissen
Erlass für lässliche Sünden
[14].
Der rote Eintrag zu St. Blasius gehört zum Kalender.
Dieser geht sicher auf einen älteren, aber wohl nicht
erhaltenen kirchlichen Festkalender, bzw. auf das frühere,
auch nicht mehr erhaltene Jahrzeitbuch Uster zurück. |
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
Die
andern Kapellen
[17]
Ausser
Niederuster besassen nur noch Riedikon (1546 erwähnt,
Standort unsicher) und Nänikon eine Dorfkapelle (St.
Johannes der Täufer). Diese wurde vermutlich zeitgleich mit
Niederuster auf dem Büel erbaut, vor der Reformation
zerstört (im Alten Zürichkrieg?) und im Dorf neu errichtet.
1846 musste sie dem Neubau des Türmlischulhauses weichen. |
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Blutmattkapelle Die ehemalige Kapelle auf der Blutmatt zwischen Nänikon und Greifensee von 1506. Sie erinnerte an die Hinrichtung der Zürcher Besatzung der Burg Greifensee durch die Eidgenossen im Alten Zürichkrieg 1444. Damals sind an dieser Stelle 62 Zürcher geköpft worden (aus der Chronik des Zürchers Gerold Edlibach). |
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Rikon/Effretikon Kapelle St. Stephan, erstmals erwähnt 1363. So muss man sich auch die Dorfkapelle St. Bläsi in Niederuster vorstellen. Sicher ist jedenfalls, dass die Kapelle in Niederuster ebenfalls einen Dachreiter mit Glocke und Zifferblatt besass. Von beidem ist später noch die Rede. |
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Inneres der Kapelle (Rikon/Effretikon) So könnte auch das Innere der Dorfkapelle St. Bläsi in Niederuster in nachreformatorischer Zeit ausgesehen haben. Vorher stand im flach geschlossenen Chorraum ein Altärchen mit Altarbild (St. Blasius). Normalerweise wurden die Kirchen und Kapellen jener Zeit nach Osten ausgerichtet. In Niederuster ist dies jedoch nicht der Fall. |
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
Standort
der ehemaligen Kapelle St. Bläsi in Niederuster
Der genaue Standort der Dorfkapelle am untern Ende des ’Chilewäägli’ war bis anhin unbekannt. Aus dem 2010 aufgefundenen Plan zum Wasserrecht der mech. Werkstätte von Weber u. Cie. in Niederuster von 1816 [18] ist dieser jedoch genau ersichtlich. Die Kapelle stand im rechts der spätern Trafostation (weisser Turm) anschliessenden Gartengelände. Der davor liegende Fabrikkanal wurde bereits 1817 für die Baumwollspinnerei (später ’Schliiffi’) gebaut, sodass noch die gesamten Kapellenfundamente erhalten sein dürften. (Aufnahme von oberhalb der Aabachbrücke/Schliiffiweg aus)
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Lage der Kapelle | ||||||||||||||||||||
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
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Plan 1 zu Wasserrecht Nr. 42(Ausschnitt)
von 1816 mit Kapelle St. Blasius (Johannes Fehr) Text: Flüchtiger nach dem Augenmass gemachter Entwurf von dem untern Ende des Dorfes Nieder-Uster bei Anlass einer Besichtigung gezeichnet den 16. May 1816. Die Liegenschaften sind mit den Namen der Eigentümer
bezeichnet. Die alten Niederustermer Geschlechter heissen
Bünzli, Spillmann und Meier. Die Kapelle ist längsrechteckig
eingezeichnet. Der Chorraum im Südosten war also ebenfalls
rechteckig, was aber nicht heisst, dass dies in der Frühzeit
auch der Fall war. So besass der Vorgängerbau der heute
ebenfalls rechteckigen Kapelle St. Stephan in Rikon/Effretikon
(Seite 9) eine halbrunde Apsis
[19]
.Grabungen würden auch hier Aufschluss geben.
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
Montage einer romanischen Kapelle Standort der Kapelle St. Bläsi (Garten zu Seestrasse 94). Blick von der Seestrasse aus. Rechts davon der Trafoturm (Trafo nicht mehr in Betrieb; Turm erbaut 1919) davor das heutige ’Chilewäägli’. Die Kapelle weist wie die St. Stephans-Kapelle in Rikon/Effretikon einen rechteckigen Grundriss auf (einräumig, flach geschlossen). Damit ist auch ihr Aussehen weitgehend bestimmt (Zustand nach 1663 mit Sonnenuhr) |
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Abt Felix und Konvent Rüti [22] bestätigen, dass die Kirchgenossen (Kirchgemeinde) auch für die St. Bläsi-Kapelle (4. Zeile, Mitte) eine ewige Messe mit Pfrund (für den Kaplan) gestiftet haben. Die Kirchgenossen haben zudem das Recht, bei Freiwerden der Kaplanstelle einen neuen Kaplan zu wählen, der dann vom Abt in Rüti und vom Bischof in Konstanz bestätigt werden muss (Montag vor St. Gallentag 1506) |
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[1] Wir felix / von gottes verhengende [Verhängnis] Abbte / und der gemein Convent des gotzhuß Rûte des ordens premonstràt Costentzer bystums / | ||||||||||||||||||||
[2] Bekennent und tuond kund mengklichem mit disem brieff / als dann die Ersamen und bescheidnen die gemeinen kilchgenosen der pfarkilchen | ||||||||||||||||||||
[3] ze Uster zuo lob got dem allmechtigen und ze trost den lieben selen und in der ere [Ehre] der muoter gottes maria inn den Cappellen ze Uster | ||||||||||||||||||||
[4] uff[... ?] dem beinhuß und ze nider uster in sant blæsis [e auf a überschrieben] cappell ein ewigi mess und pfruond gestifft hand nach lut und sag der | ||||||||||||||||||||
[5] dotation und stifftbrieff darumb und ùber gemacht / welche Cappellen sider [seither] doch iren und gelider der genanten pfarrkirchen ze | ||||||||||||||||||||
[6] Uster / wonn [wann] nun wir Abbt felix und unser nachkomen / Æbbte [e auf A überschrieben] des vermelten gotzhuß Rúti / Rechte patronen und lehen herren | ||||||||||||||||||||
[7] sind der genanten pfarkirchen Uster / So sind doch die selben gemeinen kirchgenossen mit unß frùntlich und guetlich [e auf u überschrieben] ûberkomen und | ||||||||||||||||||||
[8] betragen also / dz [dass] die vorgemelten kilchher und gemein undertanen zu Uster und ir Nachkomen die bemelten Capplany | ||||||||||||||||||||
[9] pfruond / so dick
[oft] und wen sy iemer ledig wirt / mugent lihen und einen
zimlichen erbern ley priester [Leutpriester] dar uff erwellen
...
[23]
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Jahresrechnung 1663 des Kapellenguts
St. Bläsi
[24]
In den Rechnungen des Kapellengutes findet sich unter dem 18. Februar 1664 die Jahresrechnung 1663
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Summa | ||||||||||||||||||||
541 Pfund 8 Schilling
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![]() Jahresrechnung des Kapellengutes Bei der schwungvollen Kalligraphie handelt es sich nicht etwa um arabische Schriftzeichen! Eingangs steht sie für die Preise, im Text für die Grossbuchstaben. Bemerkenswert ist die grosse Ausgabe für das Aufrichtemahl, den ’Krähanen’. Dass nicht die ganze Gemeinde in der Stube des Pflegers Platz hatte, ist klar. Auch in der Scheune waren sicher die Tische gedeckt. Die Sonnenuhr wurde zweckmässigerweise auf der Südwestseite gegen die Seestrasse hin angebracht |
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Die teure Renovation zeigt, dass die Kapelle auch nach der Reformation noch für den Gottesdienst gebraucht worden ist, so zum Beispiel für den üblichen Dienstagabendgottesdienst oder auch für die ’Nachtschule’ für Jugendliche. Auch die zuständige Behörde war noch vorhanden (Kapellenpfleger). Erst 1768 gab es einen obrigkeitlich verordneten Pfleger. 1663 scheint man die gelungene Renovation ausgiebig gefeiert zu haben (Kosten!). Das deutet ebenfalls auf den weitern Gebrauch der Kapelle hin. Kläuis Vermutung, dass die Kapelle nach der Reformation der Gemeinde als Schopf diente, ist damit widerlegt [26] Auch die Kapelle St. Stephan in Rikon/Effretikon wurde übrigens nach der Profanierung in der Reformation ab 1556 wieder für Gottesdienste benutzt. |
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
Da die Bauern jener Zeit nicht über eine persönliche Uhr verfügten, kam der Kapelle mit Glocke und Uhr grosse Bedeutung zu. Die Glocke dürfte zu den im Zürcher Gebiet üblichen Zeiten geläutet worden sein. Der verantwortliche ’Zeitrichter’ erhielt jedes Jahr 12 Gulden [27] Die genaue Ortszeit konnte er um die Mittagszeit an der Sonnenuhr ermitteln. Die Inschrift auf der neuen Glocke ist noch bekannt.
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Die Inschrift der Glocke von 1663 | ||||||||||||||||||||
SOLI DEO HONOR ET GLORIA Ao 1663. (Gott allein Ehre und Ruhm. Im Jahr 1663) | ||||||||||||||||||||
Darunter: | ||||||||||||||||||||
HERR SAMUEL EGLI VOGT DER HERRSCHAFFT GRYFENSEE / HERR JOHANN FELIX BALBER, DECAN, PFARRER ZU USTER. | ||||||||||||||||||||
Am unteren Rand | ||||||||||||||||||||
USS HITZ UND FÜR
[28]BIN
ICH GEFLOSSEN / PETER FUESSLI US ZÜRICH HAT MICH GEGOSSEN
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Aus dem Verzeichnis aller Glocken-Inschriften des Kantons Zürich von Kirchenrat Salomon Vögelin († 1849) [29]. Das Verzeichnis ist kein kalligraphisches Meisterwerk, besticht aber durch seine Vollständigkeit ’aller in den Kirchen des Cantons Zürich theils ehemals theils jetzt befindlichen Glocken und derselben Inschriften’. Bemerkung zuunterst: Thurm sammt Glöcklein verbrannt 184... |
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Kapellengutsrechnung von 1622 [30] (Beispiel)
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Rechnung der Kilchen Sant Blëßi zuo Nideruster von 1622 Jahre | ||||||||||||||||||||
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2 Pfund 15 Schilling für das das wir ein arme frouw welliche by | ||||||||||||||||||||
unns gestorben unnd zuovor 10 tag lang by unns | ||||||||||||||||||||
kranckh gelegen boumen [31] unnd bestatten lassen und | ||||||||||||||||||||
für spyß und tranckh | ||||||||||||||||||||
2 Pfund 15 Schilling
dafür, dass wir
[32]
eine arme Frau, die bei uns verstorben und zuvor 10 Tage lang
bei uns
[33]
krank gelegen war, eingesargt und bestattet haben,
einschliesslich für Speis und Trank für die Kranke. |
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Es war üblich, dass Rechnungsführer im Ancien Régime und noch weit ins 19. Jahrhundert hinein in der Ich-Form (’wir’) abrechneten. Die Institutionalisierung war viel weniger weit gediehen als heute, dafür die persönliche Verantwortung vor Gott und der Gemeinschaft viel betonter, eingeschlossen möglicher finanzieller und strafrechtlicher Folgen.
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
Kapellengutsrechnung von 1626 (Beispiel) | ||||||||||||||||||||
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Hernach volget Myn Jörg Meyers zuo Nideruster von | ||||||||||||||||||||
weggen (wegen) der Kilchen zu Sanct Blëßi daselbs rechnung vom 1626 Jahre. | ||||||||||||||||||||
Erstlichen Jnngnommen von alter Restantz so Ich | ||||||||||||||||||||
by der verndigen rechnung schuldig bliben. | ||||||||||||||||||||
Angelt -.-.- iiC xviiii lib. viiii ß. v hr. | ||||||||||||||||||||
Hernach folgt meine [34], Jörg Meyers [35] von Niederuster, Rechnung wegen der dortigen Kirche Sankt Bläsi vom Jahr 1626. Erstens eingenommen von alter Restanz, die ich in der letztjährigen Rechnung (Jahresrechnung 1625) schuldig geblieben bin. An Geld (eingenommen an Geld35 [36]: 219 Pfund 9 Schilling 5 Heller Wie im öffentlichen Rechnungswesen jener Zeit üblich, brachte Meyer als ersten Einnahmeposten die Restanz, also die bei Abschluss der Rechnung des vergangenen Jahres übrig gebliebene Geldsumme – es hätten auch Naturalien sein können – in die neu eröffnete Jahresrechnung ein.
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
Das
Ende der Kapelle
In der Nacht auf den 6. April 1847 fiel die Kapelle zusammen mit drei grossen Bauernhäusern mit sechs Wohnungen und Scheunen einem Grossbrand zum Opfer. Der im Jahr 1846 als wöchentliches, amtliches Publikationsorgan gegründete ’Anzeiger von Uster’ berichtet am Samstag, 10. April über dieses Ereignis [37]. |
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Uster. Die Ostermontagnacht war für unsere Gemeinde eine Nacht des Schreckens. In Nieder-Uster brach ungefähr um 1 Uhr in einem Schopfe Feuer aus, das mit Blitzesschnelle 3 grosse Wohnhäuser mit 6 Wohnungen, Scheunen und die Kapelle ergriff und gänzlich in Asche legte. Nur der angestrengtesten Tätigkeit ist es zu verdanken, dass das Unglück nicht noch weiter um sich griff. Soweit der Anfang der ausführlichen
Berichterstattung. Die blosse Erwähnung der Kapelle
zeigt, dass diese in der Zwischenzeit jegliche Bedeutung
verloren hatte. |
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Bericht in der NZZ [38], 6. April 1847 | ||||||||||||||||||||
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Bericht in der NZZ, 7. April 1847 | ||||||||||||||||||||
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Zürich. Uster. Der Assekuranzschaden der in vorgestriger Nacht hier niedergebrannten Gebäude beläuft sich auf mehr als 10.000 fl (Gulden). Nicht die geringste Fahrhabe konnte gerettet werden. Ein ungemein grosser Vorrat von Lebensmitteln ist dahin; zwei Rinder sind verbrannt. Man vermutet böswillige Brandstiftung. |
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Protokoll des Gemeinderates der politischen Gemeinde Uster [39] Darin heisst es lediglich, dass ’in der Nacht auf den 6. dieses Monats in Niederuster ein Brandunglück statt gehabt habe’. Weiter ist nur noch von den fünf Bauern die Rede, die ihre gesamte Fahrhabe verloren hatten und Antrag auf Ansetzung und Verteilung einer Liebessteuert [40] (Heinrich Steiner, Heinrich Bünzli, Rudolf Bünzli, Hans Heinrich Bünzli Henselis [41] , Rudolf Meier). Der Gemeindepräsident verfügte die ’Aufnahme einer Schatzung, die behuffs fernerer Verfügung dem Gemeinderath mitzuteilen sei’. In den folgenden Protokollen wird der Grossbrand nicht mehr erwähnt.
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
Protokoll
der Zivilgemeinde Niederuster
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Auch das Protokoll der ehemaligen Zivilgemeinde Niederuster enthält keinerlei direkte Hinweise auf dieses Ereignis! In einem Eintrag ohne Datum nach dem 27. März 1847 sind die fünfunddreissig Spender der Liebessteuer für die fünf Brandgeschädigten aufgeführt. Die beiden höchsten Beträge sind je 25 Gulden, der kleinste etwas höher als ein halber Gulden. Aus dem ’Brand-Assekuranz-Buch [43] von Niederuster (1812-1894) ist ersichtlich, dass die Kapelle dem ’Untern Dorf’ gehört hatte. Der ’Kadaster-Anschlag’ des Gebäudes betrug 1843 noch 400 Gulden. Daneben steht: ’Freistehend. Die hier vorhandene Uhr und Glocke nicht inbegriffen’ (siehe Seite 15).
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Memorabilia
Tigurina
Dabei handelt es sich um die von Anton Werdmüller begonnene
und später von Friedrich
Vogel weitergeführte Chronik der ’Merkwürdigkeiten von Stadt
und Landschaft Zürich’
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Dort ist unter dem 6. April 1847 folgendes vermerkt:
… am 6. April (1847) Morgens 1 Uhr (verbrannten) zu
Nieder-Uster 5
[45]
Häuser, mehrere
Nebengebäude und die Kapelle, für welche (Häuser und Kapelle)
die Assekuranzvergütung
9328 ½ fl (Gulden) betrug.
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Dorfbrände
im 19. Jahrhundert
In Adetswil (Bäretswil) beispielsweise gab es noch im 19. Jahrhundert in gut dreissig Jahren vier solche Katastrophen: 1831 fielen zwölf Häuser, 1847 zehn Häuser, 1859 das ganze Oberdorf mit 32 Häusern und 1863 nochmals zwei Häuser den Flammen zum Opfer! [46] Holzbauten, schindelbedeckte Dächer, keine Brandmauern, fehlende Wasserversorgung, keine wirksame Feuerwehr, keine Blitzableiter und offenes Feuer in Küche, Wohn- und Schlafräumen (Licht!) führten zur ständigen Gefahr eines Dorfbrandes.
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Brand von Gutenswil (4. September 1803) [47] Von links fährt die Spritze eines Nachbardorfes auf. Die Männer tragen Lederkübel und Feuerhaken, mit denen die brennenden Häuser eingerissen wurden. Dies war die einzige wirksame Massnahme der Feuerbekämpfung (Hintergrund, Mitte). Rechts verlässt eine aus drei Generationen bestehende Familie mit geretteten Habseligkeiten den Brandplatz |
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Feuerspritze Zivilgemeinde Kirchuster, 1847 Die neue Spritze wurde wohl infolge des Grossbrandes in Niederuster angeschafft. Die Wippe wurde von vier starken Männern betätigt, das Wasser von dessen Entnahmestelle (meist Feuerweiher) in Lederkübeln zur Spritze weitergereicht. In jedem Haushalt musste ein solcher Eimer vorhanden sein (vgl. Bild Seite 23). Aufnahme im einstigen Feuerwehrdepot am Dorfschulhausplatz. Im Hintergrund fünf Windlichter. [48] |
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Inhalt | ||||||||||||||||||||
Zum
Dorfbrand von Niederuster (6. April 1847)
Die nachfolgende Karte zeigt die in Frage
kommenden Objekte
[49]
. Alle wurden 1848 und 1849 neu gebaut. Zunächst der
Fussgängerbrücke des heutigen Schliiffiweges und dem
’Chilewäägli’ die nicht wieder aufgebaute Kapelle (gelb). Das
unmittelbar westlich daneben liegende Wohnhaus (mit Schuppen
gegen den Kanal hin) wurde erst 1856 gebaut. Oben links zweigt
der Strandbadweg von der Seestrasse ab. |
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Schlussbemerkung
Heute ist das damalige Geschehen, ja sogar die Existenz der einstigen Dorfkapelle St. Blasius in Niederuster vergessen; einzig der Name ’Chilewäägli’ erinnert noch daran. Leider gibt es keine Abbildung der Kapelle St. Blasius. Nachforschungen im Zürcher Staatsarchiv, im Zürcher Stadtarchiv, im Zürcher Baugeschichtlichen Archiv, im Archiv der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, in der Graphischen Sammlung der Zentralbibliothek, in der Graphischen Sammlung der ETH, in der Graphischen Sammlung der Winterthurer Stadtbibliothek, in der Graphischen Sammlung der Schweizerischen Nationalbibliothek in Bern, im Londoner Victoria & Albert Museum, im British Museum und in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien blieben erfolglos. |
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Turicum-Gesellschaft Niederuster | ||||||||||||||||||||
Neujahrsblatt 21/2011 | ||||||||||||||||||||
Umschlag: Dank: Realisierung: |
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